• Drucken

Der Herz-Jesu-Altar wird 100 Jahre alt.

Vor 100 Jahren wurde der Altar - auch liebevoll "Trostaltar" genannt - eingeweiht. Auch heute noch wird dort jeden Mittwoch morgens um 9:00 Uhr eine Messe gefeiert. Was damals zur Einweihung in der Kirchenchronik festgehalten wurde, kann hier nachgelesen werden:


Feierliche Einweihung des Herz-Jesu-Altares am Ostermontag, 24. April 1916  

(Abschrift aus der Chronik, PE Feb.2016)

Eine Osterfreude besonderer Art ist in diesem Jahre der St. Michaelsgemeinde beschieden. Die Vollendung des seit fast anderthalb Jahren geplanten Herz-Jesu-Altares. Nach manchen Schwierigkeiten ist trotz der Kriegszeit ein Werk vollendet, das für viele Generationen im Zeichen der Opferwilligkeit der Gemeinde und der Höhe künstlerischen Schaffens der Jetztzeit bleiben wird. Der Gedanke, für die Kirche ein schönes Herz-Jesu-Bild zu schaffen, tauchte zuerst auf im Januar 1915, als unser katholisches Volk, der Weisung der Bischöfe folgend, in der Not der Kriegszeit sich dem göttlichen Herzen Jesu weihte. In den Tagen des Triduums (3 Tageszeitraum) wurden die ersten Spenden geopfert, reichlicher als man erwarten durfte.

Woche für Woche liefen kleine und große Gaben ein, sodass es möglich wurde, nicht eine landläufige Herz-Jesu-Statue, wie sie zu tausenden fabrikmäßig hergestellt werden, zu erwerben, sondern ein Kunstwerk ersten Ranges zu schaffen.

Den Plan zum Altaraufbau entwarf der Architekt Josef Franke aus Gelsenkirchen, nach dessen Plänen auch die Kirche gebaut ist. Im rechten Seitenschiff bot die das Schiff am Chorende abschließende Wand den gewünschten Platz. Der Altar selbst zeigt keine ausgesprochenen Stilformen. Er wirkt recht vornehm durch die Einfachheit der Form und die ausgesuchte Feinheit des Materials. Griechenland und Italien lieferten  ihre schönsten Marmorarten, meergrünen Cipollin und hell- und dunkelgelben Siena. Dem Sauerland entstammt der Goldader-Marmor, der die Stufe einfasst. An der Vorderseite der Altarmensa ist eine Mosaikeinlage eingelassen, die in der Mitte das von stilisierten Ölzweigen umgebene Monogramm Christi zeigt und rechts und links die Inschrift trägt:

„Haurietis aquas in gaudio de fontibus salvatoris - Ihr werdet in Freude Wasser schöpfen aus den Quellen des Erlösers.“  (Jesaias, 12, 3), Worte, die der Epistel der Herz-Jesu-Messe entnommen sind und die hinweisen sollen auf die reichen Gnadenfrüchte der Herz-Jesu-Verehrung.

         Über dem kleinen Tabernakel und den Leuchterbänken erhebt sich der aus Lindenholz geschnitzte und in Altgold vergoldete Rahmen. Ein Bronzerahmen war bei der Knappheit des Materials jetzt im Kriege nicht zu beschaffen. Sind doch sogar die beiden siebenarmigen Leuchter, die halbfertig waren, vor 14 Tagen von der Heeresverwaltung beschlagnahmt worden, sodass vorläufig auch auf diese Schmuckstücke verzichtet werden muss. Der Rahmen, der der Form der Wand folgend, sich oben im Halbkreis wölbt, lässt für das Bild einen lichten Raum von 2,05 mal 1,75 Meter. Er trägt die Inschrift, die das Motto für das Bild sein sollte:

 „Venite ad me ommnes, qui laboratis et onerati estis et ego reficiam vos -Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken.“ (Math. 11, 28), in schön geschnitzten Buchstaben.

         Nun das Bild!

Es ist ganz gewiss schwer, ein Christusbild zu schaffen, dass in etwa dem Ideal nahe kommt; die größten Künstler aller christlichen Jahrhunderte haben sich daran versucht. Darum war die Wahl des Künstlers für unser Herz-Jesu-Bild auch die größte Sorge. Es galt nicht nur ein Kunstwerk zu schaffen, sondern ein Kunstwerk, dass auch Andachtsbild sein sollte. Unter mehreren  Künstlern, die in Vorschlag gebracht waren, wurde einer der bekanntesten und tüchtigsten ausgewählt. Fritz Kunz in München. Jedem, der sich mit moderner christlicher Kunst befasst hat, ist er wohlbekannt.

         Und man kann sagen –Gott Dank- dass das neue Herz-Jesu-Bild in der Michaelskirche ein echtes Kind seines künstlerischen Geistes ist. Einfach und großzügig in seiner Komposition, kräftig in der Farbe. Lebensgroß steht der Heiland da, in kräftigem Rot gekleidet. Er breitet seine Hände segnend aus über die vor ihm knienden. Sein Antlitz, so fern allem Süßlichen, ernst, milde, barmherzig, wendet sich den armen, bedrängten Menschen zu. Ja, wir hören seine Stimme: „Kommt alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken.“

         Die Not des Krieges hat sie zu ihm geführt: Vater und Mutter, die beten für ihre kämpfenden Söhne und Gefallenen. Der Vater, ein kräftiger Kopf! Der alten Mutter glänzt noch eine Träne im Auge.

         Und dann der Krieger, welch kräftige Figur, und doch so wunderbar innig und demütig in seinem Gebet. Wahrlich, so sind unsere guten Soldaten. Wer so vor Gott sich beugt, bei Gott Kraft sucht, der ist für die schwersten Opfer gerüstet. Gegenüber die Frau, mit ihrem Kleinsten in den Armen, wie eindringlich fleht sie zum Heiland, wie drückt die große Sorge sie nieder, sie fühlt die Not des Krieges am meisten! Und wie das Kindlein, das an ihrer Seite kniet, betet, so beten tausend Kinder jeden Tag für ihre Väter im Krieg.

          Doch wozu beschreiben? Man muss das Gemälde sehen, um es ganz würdigen zu können. Da kann man dem Künstler Dank wissen, dass er durch sein Entgegenkommen möglich gemacht hat, dass das Bild in kleinen farbigen Formaten vervielfältigt wird. In einigen Wochen werden diese Bilder fertig gestellt sein und werden gewiss den Weg finden in jedes Haus unserer Gemeinde.

         Und hunderte von Ansichtskarten werden unseren Männern und Söhnen und Brüdern im Felde offenbaren, um welch herrliches Stück ihre Heimatkirche bereichert worden ist.

         Am Ostermontag 4 Uhr wird das Bild seine kirchliche Weihe erhalten. Der frühere Pfarrer der Herz-Jesu-Kirche, Herr Pfarrer Beelert von Münster, wird die Einweihung vornehmen und die Weihepredigt halten.

         Möge das Bild ein Segen werden für die junge Gemeinde, ein mahnendes Zeichen für Kinder und Kindeskinder, die später den gewaltigen Weltkrieg nur aus den Büchern kennen, dass unser Geschlecht in der Not des Krieges Hilfe und Trost gefunden hat in inniger Verehrung des Herzens Jesu.